Dienstag, 4. November 2014
14_Shanghai 1.10. - 4.11.2014
Und schon ist November…! Ich kann es kaum glauben!

Ob ich das Leben in Shanghai noch immer mag? Definitiv JA. Könnte ich mir vorstellen noch einige Jahre hier zu leben? Eventuell – wäre da nicht dieser eine Haken: der Smog. Meine Mitbewohnerinnen meinten zwar, man gewöhne sich nach einer gewissen Zeit daran, die Frage ist nur: Möchte ich mich überhaupt daran gewöhnen? Lieber nicht. Während ich in Deutschland jeden Morgen das Wetter via Wetter-App beurteile, ist das in Shanghai kaum möglich. Das ist meistens sehr enttäuschend, da es viel zu oft vorkommt, dass für Shanghai wolkenloser Himmel vorhergesagt wird, der „Blaue Himmel“ jedoch von einer dicken „Wolkenschicht“ verdeckt ist. Deshalb schaue ich nun jeden Morgen die Luftqualität bei Air Quality Index China nach. Dort kann nachgeschaut werden, von welchen Schadstoffen die Luft wie stark belastet ist. Dabei wird die Luftqualität in fünf Belastungsstufen eingeteilt:
AQI 0 – 50 = Good (grün)
AQI 51 – 100 = Moderate (gelb)
AQI 101 – 150 = Unhealthy for Sensitive Groups (orange)
AQI 151 – 200 = Unhealthy (rot)
AQI 201 – 300 = Very unhealthy (lila)
AQI 300 + = Hazardous (dunkelrot)
In den letzten Wochen lag der Wert der Luftqualität in Shanghai geschätzt immer zwischen 50 und 175, an einem Tag erreichte er jedoch auch schon 237 und in Peking ist die Belastung meistens noch um einiges höher. Im Vergleich: Jedes Mal, wenn ich den Wert für Oldenburg in den letzten Wochen nachgeschaut habe, lag der Wert bei etwa 30. (Wer sich dafür interessiert, der Link zu der Seite ist: http://aqicn.org/ ) Zum Vergleich habe ich an zwei verschiedenen Tagen an etwa derselben Stellen zur etwa gleichen Zeit Fotos von der Shanghaier Skyline geschossen:


Die Shanghaier Skyline ohne...


... und mit Smog

Aber nicht nur der Smog, sondern auch das Wetter an sich erschöpft mich. In den letzten Tagen wusste ich nie so recht, was kleidungstechnisch am geschicktesten ist. Hat man den einen Tag noch in Sommerkleidung geschwitzt, konnte es sein, dass am nächsten Tag lange Hose und Strickjacke zu kalt waren. In Shanghai gibt es einen vergleichsweise kurzen Herbst, Sommer geht mehr oder weniger direkt in den Winter über. Gefühlt ist der Winter nun nicht mehr weit hin. Wir werden sehen.

Ansonsten habe ich mich letzte Woche mit einer Hamburger Kommilitonin getroffen, die gebürtig aus der Nähe von Shanghai kommt und nun für ein paar Wochen hier bei ihren Eltern zu Besuch ist. Sie hat mich zum Hummer-Essen eingeladen, die werden hier immer mit besonders vielen Kräutern zubereitet und sollen daher besonders lecker sein. Ich habe zwar keinen Vergleich, jedoch schmeckten mir die Hummer wirklich sehr gut - hätte ich nicht gedacht, da ich eigentlich kein Seafood-Fan bin.


Lecker! :-) Der Topf, den ich in der Hand halte, kostete umgerechnet etwa 4,50€

Gestern haben wir uns erneut getroffen. Sie wollte mir vor ihrem Abflug noch gerne zeigen, wo sie als Kind immer mit ihrer Oma hingegangen ist: zu einem kleinen Laden in der East Nanjing Road, der Klebereis-Snacks verkauft. Als wir den kleinen Laden gefunden hatten, hat sie sich sehr gefreut. Die East Nanjing Road ist DIE Shopping-Meile in Shanghai, mit sehr vielen neuen, ausländischen Geschäften, alles verändert sich dort sehr schnell – dass dieser vergleichsweise alte Laden noch immer Bestand hat, scheint daher umso erstaunlicher. Und der Klebereis war auch sehr lecker! :-)


Klebereis-"Küchlein" (条头糕 tiaotougao)


Das sieht zwar aus wie ein Stück Fleisch, ist jedoch auch Klebereis - mit Dattelmarmelade (枣泥糕 zaonigao)

Letzten Dienstag bin ich zudem mit vier weiteren Auslandsstudenten zu einer Art Altersheim gefahren, um einigen chinesischen Rentnern Englisch beizubringen. Wir hatten einige Leitfragen wie: „What is your favorite kind of fruit?“ oder „What is your favorite kind of sport?“, letztendlich waren die Menschen dort jedoch mehr an mir und meinem Leben in Deutschland interessiert. Einige von ihnen waren bereits in Deutschland gewesen, andere fragten mich nach Dingen, die sie über Deutschland gehört haben, wie: „Werden in Deutschland wirklich jeden Tag Kartoffeln gegessen?“, „Haben in Deutschland nicht alle Menschen blonde Haare und blaue Augen?“, „Fahren in Deutschland alle BMW, Mercedes und VW?“, „Kannst du mit Stäbchen essen?“, „In China sagt man, dass Deutsche sehr klug und fleißig sind, ist das richtig?“,… Ich finde es immer sehr interessant, welches Bild Menschen in anderen Ländern von Deutschland haben – und so waren sie glücklich, weil sie einiges über Deutschland erfahren haben und ich war doppelt glücklich, weil sie mir erzählt haben, wie sie über Deutschland denken und weil wir letztendlich doch mehr Chinesisch als Englisch gesprochen haben! Der Nachmittag war definitiv ganz nett, aber gleichzeitig auch sehr anstrengend. Für mich ist Chinesisch zu sprechen sehr viel anstrengender als Englisch zu sprechen, zudem haben mich immer mehrere Leute gleichzeitig angesprochen, was das Ganze für mich erschwerte. Das ging den vier weiteren Auslandsstudenten jedoch nicht anders.

Ich wurde nun bereits öfter gefragt, wie ich mich denn überhaupt hier verständigen würde, nun die Antwort: Während des Unterrichts wird zu 99% Chinesisch gesprochen, nur in Notfällen wird der Englische Begriff benutzt. Unsere Lehrer und meine Mitschüler sind jedoch vergleichsweise leicht zu verstehen, weil alle Hochchinesisch (普通话putonghua) sprechen. Wenn ich mit Menschen in der Metro, im Fahrstuhl oder auf der Straße ins Gespräch komme, gestaltet es sich schon etwas schwieriger, die Menschen zu verstehen. Die meisten sprechen sehr viel schneller, undeutlicher oder haben einen gewissen Dialekt.

Um die Schwierigkeit etwas zu verdeutlichen, hier ein kleines vereinfachtes Beispiel: Die Silbe „shan“ kann alleine im 1. Ton bereits mehrere Bedeutungen wie „Berg“, „Tanne“, „Koralle“, „anstiften“, „löschen“, „tränenreich“, „mähen“, „Samarium“,... haben. Da man das zugehörige Zeichen dazu nicht sieht, muss man die Bedeutung aus dem Kontext erschließen. Wenn man sich zudem nicht mehr ganz sicher ist, welche Wörter, welchen der 4 Töne besitzen, kommen einige weitere Bedeutungen dazu. Aber nun zu der Schwierigkeit: Viele Chinesischen sprechen „shan“ gerne wie „san“ aus, „san“ an sich ist jedoch eine weitere Silbe mit mehreren Bedeutungen, wie im 1. Ton beispielsweise die Zahl „Drei“.

Wenn ich in einem Geschäft bin und die Verkäufer mich auf Englisch ansprechen, antworte ich zudem immer auf Chinesisch. Das Problem ist nur: Auf Englisch reden die Verkäufer immer sehr langsam mit mir, sobald sie jedoch bemerken, dass ich etwas Chinesisch sprechen kann, sprechen sie mit mir auf Chinesisch in gefühlter 20-facher Geschwindigkeit weiter. Sobald jemand darüber hinaus versucht mit mir auf Shanghainesisch zu sprechen, verstehe ich kaum etwas. Das ist im Deutschen jedoch wahrscheinlich nicht großartig anders: Wenn ich als Ausländer drei Jahre in der Schule Hochdeutsch gelernt hätte, hätte ich bestimmt auch meine Probleme mit Plattdeutsch, Bayrisch oder auch gesprochener Sprache.

Mit meinen Mitbewohnerinnen spreche ich jedoch hauptsächlich Englisch, da sie kaum Chinesisch-Kenntnisse haben und mit vielen Kommilitonen spreche ich auch meistens Englisch, da es meistens schneller geht.

Mit der einen Language Partnerin teile ich die Zeit immer so ein, dass wir die eine Hälfte Chinesisch sprechen und die andere Hälfte Deutsch. Da sie jedoch keine Vorkenntnisse in Deutsch hat, erkläre ich ihr alles auf „Chinenglisch“. Mit der anderen Language Partnerin spreche ich hauptsächlich Chinesisch, gelegentlich auch Englisch, da sie ihr Englisch verbessern möchte.

Apropos Language Partnerin: Die beiden geben sich immer noch große Mühe mit mir und wollen mir möglichst viel zeigen. Letzte Woche habe ich mit der einen eine Töpferei besucht, das war super! Ich habe das erste Mal eine Töpferscheibe benutzt und meine erste Müsli-Schale getöpfert! Jippii! Nächste Woche können wir die Schalen abholen, ich bin sehr gespannt!


Meine Müsli-Schale! :-)

Gestern waren wir wieder Essen, ich werde das chinesische Essen definitiv sehr vermissen:


Reisbrei (美龄粥 meilingzhou)


Lotuswurzel gefüllt mit Klebereis (糯米藕 nuomiou)


Hühnchenfelisch, eingelegt in süßer, schafer Soße (泡椒鸡 paojiaoji)


Bauzi gefüllt mit Entenfleisch (烤鸭包 kaoyabao)

Außerdem habe ich letzte Woche noch ein paar Baozi gegessen, mit welcher Fleischsorte mögen die wohl gefüllt gewesen sein? :-D

... link (0 Kommentare)   ... comment